Die Wilderei in Afrika hat in den letzten Jahren in erschreckendem Masse zugenommen und die Bestandszahlen einiger Wildtiere sind dramatisch eingebrochen, viele Bestände sind bereits am Rande der Ausrottung. Dies trifft nicht nur auf die traditionell durch Wilderei bedrohten Tiere wie Elefanten und Nashörner zu, sondern inzwischen auch auf Löwen, Schuppentiere und viele andere Arten. Selbst die Giraffe wurde im letzten Jahr von der IUCN als bedrohte Tierart eingestuft (vgl. https://www.welt.de/wissenschaft/article160093329/Die-Giraffe-zaehlt-jetzt-zu-den-bedrohten-Arten.html). Wilderei und die zunehmende Zerstörung der Habitate sind die beiden Hauptgründe für den Rückgang der Wildtierbestände in Afrika.
Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Wilderei:
Subsistenz-Wilderei (“subsistence poaching”) – diese Form der Wilderei wird v.a. mit Drahtschlingen und gelegentlich mit Hunden durchgeführt und dient v.a. dem Erbeuten von Wildfleisch zur eigenen Ernährung oder zum (illegalen) Verkauf als sogenanntes „bush meat“ auf lokalen Märkten. Ziel ist das Erbeuten kleinerer Tiere (v.a. Antilopen), doch verfangen sich regelmäßig andere Tiere, darunter Löwen, Elefanten und Nashörner in den ausgelegten Schlingen. Große Tiere wie Elefanten oder Nashörner sind in der Lage, die Schlinge von ihrer Befestigung loszureissen. Sie tragen die Drahtschlingen dann für Wochen und Monate am Bein oder um den Hals, wo die Schlingen sich tief ins Fleisch einschneiden. Die Tiere sterben letztendlich qualvoll an diesen Verletzungen oder verhungern (siehe AWARE Tätigkeitsfeld „verletzte Wildtiere“).
In nicht eingezäunten Schutzgebieten zeigt sich, daß die Tierpopulation in den Grenzzonen zu den besiedelten Gebieten durch die Schlingen-Wilderei massiv abnimmt. Dadurch reduziert sich natürlich auch die Zahl der potentiellen Beutetiere für die großen Raubtiere im Park, was das ökologische Gleichgewicht empfindlich stört und dazu führen kann, dass Raubtiere, insbesondere Löwen, aus Futtermangel gezwungen sind, den Park zu verlassen um Beute zu finden. Sie töten dann häufig die Haustiere der in der Nachbarschaft des Parks lebenden Bevölkerung, was sie zu „Problemtieren“ werden lässt und zumeist zum behördlich veranlassten Abschuss führt.
Syndikat-Wilderei („syndicate poaching“) – Ziel dieser Art der Wilderei sind bestimmte Körperteile der Wildtiere, die einen hohen Wert auf dem internationalen Schwarzmarkt haben. Das Horn des Nashorns, Elfenbein, Knochen und Penis von Löwen und die Schuppen des Schuppentieres stehen ganz oben auf der Liste der Wilderer. Bei Wilderern, die dieser Gruppe zuzuordnen sind, handelt es sich um gut organisierte Gruppen von Kriminellen, die häufig auch in größeren Gruppen v.a. bei Nacht agieren. Diese Wilderergruppen sind gemeinhin gut ausgerüstet und benutzen entweder großkalibrige Gewehre und/oder Gift (Zyankali). Sie verfügen häufig über Nachtsicht-Geräte, Tarnanzüge und Fahrzeuge. Diese Kriminellen sind hoch motiviert und haben gute Sachkenntnis (z.B. Spurenlesen). Die werthaltigen Teile der getöteten Tiere werden über mafiaähnliche Syndikate verkauft und illegal auf den asiatischen Markt gebracht. Dieses hochkriminelle Geschäft hat internationale Dimensionen. Der jährliche Umsatz wird auf 100 Milliarden US $ geschätzt. Es handelt sich um einen der weltweit größten Schwarzmärkte neben dem Drogen- und Waffenhandel. Diese Art der Wilderei ist hoch effektiv, daher sind die Tierarten, die Gegenstand dieser Wilderei sind, in höchstem Maß von Ausrottung bedroht.
Bekämpfung der Wilderei
Wegen des großen Ausmasses der Wilderei ist die Bekämpfung der Wilderei zur Hauptaufgabe der Wildtier-Ranger in afrikanischen Wildschutzgebieten geworden. Die Ranger sind die Hauptstütze bei der Durchsetzung der Wildtier-Schutzgesetze. Aber auf Grund der schlechten wirtschaftlichen Situation und Korruption in vielen afrikanischen Ländern, sind viele Rangerstationen nur schlecht ausgerüstet. Wiltierschutz-NGO´s (non government organisations) die Wildereibekämpfung zum Ziel haben, sollten ihre Mittel darauf verwenden, „capacity building“ in verschiedenen Bereichen im Umfeld der Ranger zu betreiben. Dazu gehört die ausreichende Aufstockung der Anzahl an Rangern, Verbesserung der Ausrüstung (Funktionskleidung, technische und taktische Ausrüstung wie Funkgeräte, GPS Geräte, Nachtsicht- und Ortungsgeräte), Verbesserung der Infrastruktur (Fahrzeuge, Motorräder, Zelte, Notstromaggregate, Kraftstoff, Brunnen für Trinkwasser), Training der Ranger, Qualitätsmanagement und Motivation durch verschiedene Anreize („incentives“).
Öffentlichkeitsarbeit in den Ortschaften in der Nachbarschaft zum Schutzgebiet ist ein wichtiger Teil der Bekämpfung der Wilderei („inclusive anti-poaching“). Das Ziel dieser Arbeit ist es, Vertrauen aufzubauen, Aufmerksamkeit zu generieren und sozialen Druck gegen die Wilderei aufzubauen. Man kann aus der lokalen Bevölkerung Personen zu „community scouts“ heranbilden, die dann bei der Überwachung in ihrem Gebiet/Dorf mithelfen. In etlichen Schutzgebieten in Afrika wurde dieser integrative Ansatz zur Wildereibekämpfung bereits erfolgreich eingeführt. AWARE ist überzeugt, dass dies auch für die Wildschutzgebiete in Zimbabwe der richtige Weg ist. Die Belebung esp. Einführung von (Öko-)Tourismus in der Region des Schutzgebietes, kann für die lokale Bevölkerung Arbeit und zusätzliches Einkommen bedeuten und dadurch die Menschen motivieren die Umwelt und die Tiere zu schützen.
Doch die Wildereibekämpfung ist ein verzweifelter „Kampf gegen Windmühlen“, die Zeit scheint für viele Tierarten davonzulaufen…
Alle 15 Minuten stirbt in Afrika ein Elefant durch die Hand eines Wilderers. Allein im Jahre 2015 wurden weltweit rund 30.000 Elefanten aufgrund ihrer Stoßzähne getötet. Etwa alle acht Stunden stirbt in Afrika ein Nashorn durch Wilderei. Auch weniger bekannte Arten wie z.B. das Schuppentier laufen Gefahr, durch die Wilderei ausgerottet zu werden, wie die erst kürzliche Beschlagnahmung großer Mengen ihrer Schuppen für den asiatischen Markt zeigt (vgl. https://www.ifaw.org/deutschland/aktuelles/welt-pangolin-tag-k%C3%B6nnen-schuppentiere-noch-vor-dem-aussterben-gerettet-werden).
Manche Wilderer nutzen Cyanid, um Wasserstellen, aus denen die Tiere trinken, zu vergiften. Auch alle anderen Tiere, die dort getrunken haben, verenden qualvoll.
Der Schwarzmarkt für Körperteile gewilderter Tieren ist gigantisch. Mit einem geschätzten Umsatz von 20 Milliarden US-Dollar jährlich ist er inzwischen eine der größten Sparten der internationalen Kriminalität, vergleichbar dem Drogen-, Menschen- und Waffenhandel (siehe: https://www.unodc.org/documents/data-and-analysis/wildlife/World_Wildlife_Crime_Report_2016_final.pdf)
Bei der im Februar 2014 in London abgehaltenen Konferenz zur Wildereikrise wurde der Wildtierhandel einstimmig als eine ernsthafte Bedrohung für die internationale Sicherheit angesehen. INTERPOL (International Criminal Police Organization) geht davon aus, dass die heutigen mafiös strukturierten Wilderersyndikate für die weltweite Korruption und Geldwäsche mitverantwortlich ist. Es gibt inzwischen sogar Beweise, dass sich Terrororganisationen über den illegalen Wildtierhandel mitfinanzieren. (siehe z.B. https://www.theguardian.com/environment/africa-wild/2015/aug/30/case-proven-ivory-trafficking-funds-terrorism)
Der Dalberg Report gibt einen aktuellen Überblick über die Thematik (siehe: https://www.dalberg.com/documents/WWF_Wildlife_Trafficking.pdf).
Es ist noch Zeit zum Handeln. Wenn wir uns wünschen, dass auch unsere Kinder und Enkel noch Elefanten oder Nashörner in freier Wildbahn sehen können, sind Taten gefordert. Afrika kann das nicht alleine. Jeder Einzelne muss einen Beitrag leisten. Dies ist die Mission von AWARE und die Motivation für AWARE Germany.
Auf politischer Ebene müssen die Angehörigen der Industrienationen, die letztendlich für den Ausverkauf der Arten mit verantwortlich sind, ihren Beitrag dazu leisten, dass die Handelswege der Wilderer trockengelegt und ihre kriminellen Strukturen zerschlagen werden. In den überwiegend asiatischen Ländern, die für die Nachfrage nach illegalen Tierprodukten verantwortlich sind, muss westliche Politik darauf hinwirken, dass die Nachfrage ausgetrocknet wird. Es liegt an jedem von uns, sein Umfeld auf das Problem der Wilderei aufmerksam zu machen und für das Thema zu sensibilisieren. Gleichzeitig ist der Schutz des einzelnen Tieres unabdingbar, durch den beherzten Einsatz von Menschen wie von AWARE trust Zimbabwe, denen die Bewahrung des natürlichen Artenreichtums ihres Landes am Herzen liegt.